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Andreas Stedtler
Die Akte Lenin
Eine Rettungsgeschichte mit Haken
Mit einem Vorwort von Fritz Pleitgen
Andreas Stedtler, geb. 1975 in Aschersleben, Ausbildung zum Fotografen.
Ab 1997 mehrere Reisereportagen in alle Teile der Erde (Indien, Bali,
China, Afrika, Norwegen, Mexiko u .a.). Schwerpunkte seiner
fotografischen Porträts sind Menschen und ihre Geschichten. Andreas
Stedtler ist Fotoreporter der Mitteldeutschen Zeitung in Halle und
lebt bei Eisleben. »Die Akte Lenin« ist seine erste
Buchveröffentlichung.
Jahrzehntelang betreibt die Führung der DDR mit ihrer Heldensaga von der
Rettung des Eisleber Lenindenkmals eine wirksame Propaganda. Jetzt wird
die staatlich gepflegte Lügengeschichte aus der DDR-Zeit aufgedeckt.
Das Lenindenkmal in Eisleben ist gar nicht von heldenhaften Kommunisten
vor den Nazis versteckt worden, wie es die SED-Riege seinerzeit in die
Welt gesetzt hatte, sondern hat achtlos auf dem Schrottplatz gelegen,
weil es für den Schmelzofen zu groß war. Mit Hartnäckigkeit und Spürsinn
hat Andreas Stedtler alle möglichen Spuren verfolgt, in Deutschland wie
in Russland. Dabei hat er viele Zeitzeugen befragt und in Archiven
gestöbert und so ein besonderes Kapitel Zeitgeschichte mit viel Akribie
beschrieben.
Oktober 1943: es ist kalt an jenem Abend. Der Nieselregen, der schon den
ganzen Tag in feinen Fäden fällt, wird kräftiger mit Einbruch der
Dämmerung. Und schon bald peitscht ein heftiger Schauer über die
stählernen Rücken der Werkslokomotiven, die im Bahnhof auf die
ankommenden Züge der Reichsbahn harren, um sie in Empfang zu nehmen und
die Waggons durch die Dunkelheit an ihre Bestimmungsorte zu ziehen. Für
Alfred Pfautsch ist das tägliche Routine. Mehrere Waggons, beladen mit
Koks für das Kraftwerk auf der Krughütte, hat der Lokführer an diesem
Tag zu transportieren. Aber auch einige mit Schrott, der die lange Reise
aus den besetzten Gebieten im Osten nach Eisleben gemacht hatte, um
hier umgeschmolzen und zu Munition verarbeitet zu werden. Angestrengt
dringt das Dampfen und Zischen der Loks durch den Regenschleier, rattern
die Räder über die Schienenköpfe. Pfautsch bemerkt wohl, dass seine
Fuhre heute nicht ist wie an allen Tagen. Füllen sonst nur zerschlagene
Glocken oder Metallzäune, Wasserhähne und Drahtgeflechte die Waggons,
liegen heute Figuren auf den Decks der Wagen. Große Skulpturen aus
Metall, denen Krieg und Transport bis hierher keinen Kratzer beigefügt
zu haben scheinen. Das ist neu. Eine fällt ihm besonders auf. Sie ist
groß, und als wollte sie der bedauernswerten Lage trotzen, lächelt sie
ihn an, stolz und unnachgiebig, auf ihrem Weg zum Hochofen.
Pressestimmen
"Stedtlers spannender Bericht vereint Intrigengeschichte, Politkrimi und Farce."
Berliner Zeitung, 15. März 2006