Die Revolution entlässt ihre Kinder

Artikel-Nr.: 978-3-46203-498-1
12,99

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Wolfgang Leonhard

Die Revolution entläßt ihre Kinder

Wolfgang Leonhards 1954 erstmals erschienenes Buch Die Revolution entläßt ihre Kinder, ist längst zu einem Klassiker der Kommunismusforschung avanciert. Zu Recht, denn auch nach 45 Jahren hat es nichts von seiner Aktualität und Brillanz verloren.

Wer die inneren Funktionsmechanismen des Stalinismus verstehen will, kommt an Leonhards Buch nicht vorbei. Doch was macht das Besondere seiner Arbeit aus? Der Autor genießt einen entscheidenden Vorteil bei der Analyse des Stalinismus: Die Erfahrungen eines zehnjährigen Lebens in der Sowjetunion und der vierjährigen Tätigkeit als Funktionär im zentralen Apparat der SED-Führung.

1935 nach Moskau emigriert, erlebte Leonhard die große stalinistische Säuberung der Jahre 1936 bis 1938 und wurde ab 1942 auf der Schule der Kommunistischen Internationale zum Funktionär ausgebildet. Im Mai 1945 kehrte er zusammen mit Walter Ulbricht nach Deutschland zurück. Bis zu seiner überraschenden Flucht nach Jugoslawien im März 1949 war er im Zentralkomitee der KPD/SED mit der ideologischen Schulung der Parteifunktionäre betraut. In dieser Funktion lernte Leonhard viele der damaligen Repräsentanten der sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR persönlich kennen.

Es ist diese intime Kenntnis der inneren Mechanismen des Systems: Die Möglichkeit, sich in die Menschen der kommunistischen Welt hineinzudenken und die Fähigkeit, die für viele so rätselhafte ideologische Wortklauberei entziffern zu können, die sein Werk auszeichnen. Vieles, was dem Außenstehenden oft so unwahrscheinlich anmutet, erscheint dem früheren Funktionär "von drüben" wie ein offenes Buch.

In Die Revolution entlässt ihre Kinder beschreibt Wolfgang Leonhard die Geschichte der sozialistischen Revolution in Russland, die zuerst ihre Väter »auffraß« und dann ihre Kinder in die Ratlosigkeit entließ. Durch den autobiografischen Bezug ist das Buch in erster Linie die Geschichte heranwachsender Emigrantenkinder in der Sowjetunion, die später zentrale Funktionen in Ostdeutschland übernehmen sollten.

Inhalt: Leonhard schildert seine eigenen Erlebnisse und Erfahrungen in der Sowjetunion von dem Zeitpunkt an, als er 1935 mit seiner Mutter die finnisch-sowjetische Grenze bei Leningrad überschritt, bis zu dem Tag im Frühjahr 1949, an dem er nach seiner Flucht in Belgrad ankam. Das Buch wird dadurch zur Entwicklungsgeschichte des jungen Wolfgang Leonhard, indem es zunächst das Kind beschreibt, das in eine ihm fremde Welt kommt. Dabei zeigt es, wie selbst die Kinder der deutschen Emigranten in die politisch-ideologischen Strukturen der Sowjetunion eingebunden wurden. Andere herausragende Schilderungen befassen sich mit den stalinistischen Säuberungen und der damit einhergehenden latenten Angst, die selbst die Welt der Schulkinder dominierte. Ein weiteres Schlüsselereignis war die "Kritik und Selbstkritik". Die Furcht vor dieser erniedrigenden Prozedur verwandelte die Studenten bald in ernste »ein jedes Wort abwägende Parteifunktionäre«. Prägend für Leonhard waren auch die Auftritte der zehnköpfige "Gruppe Ulbricht" in Berlin, die Anfang Mai 1945 daranging, eine von Kommunisten kontrollierte Verwaltung aufzubauen. Allmählich nahmen in Leonhard die "politischen Bauchschmerzen" zu, wie die Funktionäre auf einsamen Waldspaziergängen insgeheim ihre Zweifel über die wachsende Kluft zwischen marxistischer Theorie und stalinistischer Praxis bezeichneten. Das Wiedersehen mit seiner Mutter, die zwölf Jahre in einem Arbeitslager verbracht hatte, und der "Bannfluch" des Kreml gegen die jugoslawischen Kommunisten unter Josip Tito (1892–1980) waren schließlich die letzten Auslöser für Leonhards Flucht in den Westen.

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