Ulbrichts Mauer: Wie die SED Moskaus Widerstand gegen den Mauerbau brach
Hope M. Harrison
Als vor fünfzig Jahren, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, die
Berliner Mauer gebaut wurde, zweifelte niemand daran, dass die Fäden in
Moskau gezogen worden waren. Zu abhängig waren die beiden deutschen
Teilstaaten von ihren "großen Brüdern" USA und Sowjetunion.
Doch anhand
erstmals ausgewerteter Quellen kann die US-Historikerin Hope M. Harrison
nachweisen, dass es von Anfang an SED-Chef Ulbricht und seine
Parteiführung waren, die den Bau der Mauer betrieben. Moskau hingegen
fürchtete die Konfrontation mit den USA und blockierte Ulbrichts
Bestrebungen.Harrison hat für die Zeit von Stalins Tod 1953 bis zum
Mauerbau 1961 alle einschlägigen Akten in Moskau und Berlin eingesehen.
Minutiös rekonstruiert sie, welche Grenzschließungsszenarien die
Ostberliner Führung über die Jahre hinweg durchzusetzen versucht hat,
welche taktischen Winkelzüge sie gegenüber Moskau anwandte und wie die
KPdSU-Führung unter Chruschtschow schließlich ihre ablehnende Haltung
aufgab und, wenn auch zähneknirschend, dem Mauerbau zustimmte. Die
herrschende Geschichtsschreibung, derzufolge alle maßgeblichen
Entscheidungen im Kalten Krieg ausnahmslos in Washington und Moskau
getroffen wurden, wird mit Harrisons Buch überzeugend relativiert.
Zum
50. Jahrestag des Mauerbaus wird damit die Vorgeschichte dieses
weltpolitischen Ereignisses erstmals sorgfältig dokumentiert und neu
dargestellt.