Die deutsche Frage: Warum die Einheit unser Land gefährdet von Jens Bisky

Artikel-Nr.: 9783871345265
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Jens Bisky, der in Leipzig geborene Sohn des früh aus der norddeutschen Provinz in die junge DDR geflohenen Lothar Bisky, kennt sich aus mit der Befindlichkeit seiner ehemaligen Landsleute. Auch nachdem er seinerseits nach dem Mauerfall in den Süden der vereinigten Bundesrepublik abgewandert ist, hat sich der Feuilletonredakteur der Süddeutschen Zeitung nicht nur mit seiner eigenen, vom SED-Regime geprägten Vita ausführlich beschäftigt (Geboren am 13. August), er hat auch sehr aufmerksam beobachtet, ob denn tatsächlich so ohne weiteres zusammenwachsen kann, was laut des historischen Diktums Willy Brandts, angeblich zusammengehört. Die Antwort, die Bisky in einer angenehm temperierten Sprache auf diese nach wie vor schwelende Frage gibt, leuchtet unmittelbar ein: So, wie man sich das anfangs offenbar vorgestellt hat, das man nämlich einfach nur die im Westen entstandenen Strukturen auf die neuen Länder zu übertragen brauche, geht es offenbar nicht! "Nach der Wende", konstatiert der Autor, "hat sich eine eigene ostdeutsche Identität herausgebildet, ein deutliches Bekenntnis, nicht dazuzugehören. Dem entsprechen auf der anderen Seite Desinteresse, Ignoranz und Umerziehungsphantasien". Das hinlänglich bekannte ökonomische Desaster sei "mit gesellschaftlicher Erstarrung und sozialpsychologischer Verkrampfung so innig verschwistert, das gegenwärtig niemand eine wirksame Therapie vorschlagen" könne. Diesem Mangel kann Bisky folglich mit seinem Buch auch nicht abhelfen. Doch er hat seit seiner Übersiedlung in den Westen bzw. Süden sehr genau registriert, wie sich auch die Befindlichkeit der Menschen hier im Zuge der immer offener zutage tretenden Verwerfungen des Einigungsprozesses verändert hat. Weil er das nicht aus einer dezidiert ost- oder westdeutschen Perspektive getan hat, ist ihm eine wohltuend unaufgeregte Analyse des Status quo gelungen und ein überzeugender Ausblick, der zeigt, dass die Deutschen hüben wie drüben unabwendbar vor der gemeinsamen Aufgabe stehen, "Abschied von Sicherheit und Wachstum zu nehmen, an die sie beide auf unterschiedliche Weise geglaubt haben und gegenwärtig weiter glauben wollen". -- Hasso Greb Kurzbeschreibung Der Nachbau der Bundesrepublik in den neuen Ländern ist misslungen, Deutschland ökonomisch, sozial, politisch und kulturell geteilt. Um dies zu ändern, sind weitere Milliarden versprochen, als müsse es so bleiben: Der Westen zahlt, und der Osten leidet am Tropf. Vereint rennen sie einem Trugbild von Einheit mit gleichen Werten und gleichen Lebensbedingungen hinterher. Zu dieser "inneren Einheit" wird es aber nicht kommen. Im Gegenteil. Jens Bisky zeigt, warum die seit fünfzehn Jahren andauernde Vereinigungskrise das gesamte Land gefährdet: Sie schwächt dessen Wirtschaftskraft, untergräbt das Vertrauen in die Demokratie und schürt dramatische Verteilungskonflikte, auf die die Deutschen nicht vorbereitet sind: zwischen Ost und West, Jung und Alt, Arm und Reich. Die aktuelle deutsche Frage lautet daher: Wie können in einem Staat zwei verschiedene Gesellschaften miteinander leben, ohne im Abstiegskampf zu erstarren? Überfällig ist ein neues Bild von der Einheit. Eine Rückkehr zum Komfort von gestern wird es nicht geben. Was aber dann?
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