„Kein Schritt zurück“, lautet Stalins unmissverständlicher Befehl
Nummer 227, als die deutsche Wehrmacht in Richtung Wolga vorrückt. In
der Tat brachte die Verteidigung Stalingrads für die Rotarmisten die
Wende. Menschenleben zählten im „Großen Vaterländischen Krieg“ wenig. So
war der „totale Krieg“, wie ihn NS-Propagandaminister Goebbels 1943
ausrief, in Stalingrad bereits 1942 längst grausamer Alltag. Autor
Antony Beevor rückt in seinem Rückblick das Leid von Soldaten und
Zivilisten in den Vordergrund.
Heiligabend 1942. Wehmütig singt ein
deutscher Soldat das Weihnachtslied „Oh du fröhliche“. Da schlägt eine
Bombe ein und zerfetzt ihn. Insgesamt starben an der Wolga mindestens
700.000 Menschen. Die ungeheuere Zahl der Opfer spiegelt die Grausamkeit
des Krieges wider. Von der sechsten Armee der Wehrmacht, die in einem
erbarmungslosen Häuserkampf eingekesselt und im Februar 1943 vollends
aufgerieben wurde, kehrten nur etwa 5.000 Soldaten aus russischer
Kriegsgefangenschaft zurück. Begonnen hatte die Schlacht um Stalingrad
mit massiven Angriffen der deutschen Luftwaffe im August 1942. Die
Bilder der Verwüstung erinnern an die deutschen Luftschläge auf das
baskische Guernica im April 1937 oder das spätere alliierte Bombardement
Dresdens im Februar 1945.
Antony Beevor bringt ans Licht, was
die Knochenmühle Stalingrad für viele Menschen bedeutete. Militärische
Strategien und Operationen rund um den Verlauf der Schlacht werden
genauso nachgezeichnet. Am Rande räumt der Autor einmal mehr mit der
Auffassung auf, die Wehrmacht habe einen sauberen Krieg geführt.
Vielmehr kommt die „kollektive Verantwortung innerhalb der
Wehrmachtshierarchie für Grausamkeiten gegen Juden und Zivilisten“ zur
Sprache.
Selten nahm das Schicksal seinen Lauf wie beim
Rotarmisten Khudobkin. Totgesagt, ließ seine Mutter für ihn eine Messe
halten, doch der Soldat war nur verwundet. Ein russischer Aberglaube
wiederum sagt denen ein langes Leben voraus, für die zu Lebzeiten eine
Totenmesse gehalten wird. Tatsächlich überlebte Khudobkin den Kampf um
Stalingrad. Bis zum endgültigen Sieg der Roten Armee gegen
Hitler-Deutschland starben jedoch schätzungsweise zwischen 8,5 bis 13,5
Millionen seiner sowjetischen Kameraden und unzählige Zivilisten.
– Herwig Slezak