Schirach schreibt so souverän, klar und einfach, als hätte er nie etwas
anderes gemacht und als hätte er sich immer ferngehalten vom seltsamen
Deutsch der Juristenakten.
Er macht nicht viel, knapp und konkret bleibt
er, er ist ein großartiger Erzähler, weil er sich auf die Menschen
verlässt, auf deren Schicksale. Er erzählt beispielsweise von dieser
schönen jungen Frau, die eines Tages ihrem Bruder, den sie eigentlich
sehr liebt, ein Barbiturat einflößt und ihn in der Badewanne ertränkt.
Oder von dem Arzt, einem älteren, unbescholtenen Herrn, der im Garten
arbeitet und Unkraut jätet, als sein Frau ihn ruft und mit ihm schimpft.
Er könnte es hinnehmen, wie er es immer hingenommen hat, doch diesmal
bittet er sie in den Keller, hebt eine Axt, rammt die Klinge in den
Kopf, trennt den Kopf, die Arme, die Beine vom Körper. Dann geht er zum
Telefon und wählt die Nummer der Polizei. Wie in einer Bildergeschichte
erzählt Schirach von der jungen Frau und dem alten Mann: ... [seine]
Geschichten sind geschriebenes Kino in Kurzformat.
Susanne Beyer Der
Spiegel (Der Spiegel)
Es sind wahre Geschichten über die Abgründe der menschlichen Natur, die
der Berliner Strafverteidiger und Anwalt Ferdinand von Schirach, 45, in
seinem ersten Buch erzählt. Es ist ein Erzählband mit Kurzgeschichten,
die auf Fällen basieren, die er in seiner Kanzlei erlebt hat. Neben
Eifersucht, Gier, Verzweiflung und Leidenschaft geht es natürlich auch
immer wieder um die ewige Frage nach dem Whodunit wobei die
entscheidende Rolle aber spielt, warum jemand etwas getan hat. Ein
wunderbares Debüt, fesselnd von der ersten Seite an und ohne jeden
falschen Ton.
Johanna Adorján, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)
"Verbrechen" ist das gemeinste, hinterhältigste und tollste Buch, das
ich seit langem gelesen habe. Es schleicht sich an, schon der Titel
klingt so sachlich-harmlos. Genauso der Ton: Unaufgeregt, total
reduziert. Aber dann haut einen jedes einzelne Kapitel aus den Schuhen.
Weil es kühl geschrieben klingt, in Wahrheit aber voller Mitgefühl
steckt. Von Schirach blickt in Randgebiete der Gesellschaft, die die
meisten von uns niemals sehen (und auch nicht sehen möchten). Was er
beschreibt, ist oft brutal, manchmal irre komisch, aber eigentlich immer
schrecklich traurig. Selbst, wenn es gut ausgeht. Schicksale, aus denen
Hollywood monumentale Kitsch- und Actionfilme in Überlänge machen
würde. Von Schirachs Berichterstattung dagegen dauert immer bloß ein
paar Seiten lang, schnell gelesen. Nur, dass man nach jeder einzelnen
Geschichte das Buch sinken lassen und abwarten muss, bis sich die
millimeterdicke Gänsehaut auf Rücken und der Hinterseite von Armen und
Beinen wieder legt.
Das zusammenfassende Urteil der Literaturkritikerin
lautet diesmal: Boah Antje Deistler, WDR 2 (wdr 2)
Kurzbeschreibung
Ferdinand von Schirach hat es in seinem Beruf alltäglich mit Menschen zu
tun, die Extremes getan oder erlebt haben. Das Ungeheuerliche ist bei
ihm der Normalfall. Er vertritt Unschuldige, die mit dem Gesetz in
Konflikt geraten, ebenso wie Schwerstkriminelle. Deren Geschichten
erzählt er ...Ein angesehener, freundlicher Herr, Doktor der Medizin,
erschlägt nach vierzig Ehejahren seine Frau mit einer Axt. Er zerlegt
sie förmlich, bevor er schließlich die Polizei informiert. Sein
Geständnis ist ebenso außergewöhnlich wie seine Strafe. Ein Mann raubt
eine Bank aus, und so unglaublich das klingt: er hat seine Gründe. Gegen
jede Wahrscheinlichkeit wird er von der deutschen Justiz an Leib und
Seele gerettet. Eine junge Frau tötet ihren Bruder. Aus Liebe. Lauter
unglaubliche Geschichten, doch sie sind wahr.