Vom Kind gehörloser Eltern zum erfolgreichen Komponisten
Vom
ahnungslosen Autodidakten, der nie eine Uni von innen gesehen hat, zum
Meisterschüler und Akademie-Mitglied. Vom DDR-Wehrdienstverweigerer zum
politischen Künstler. Vom Kind gehörloser Eltern zu einem der
erfolgreichsten und eigenwilligsten Komponisten heutiger Musik. Helmut
Oehring erzählt seine Geschichte, bei der man aus dem Lachen, Weinen und
Staunen nicht herauskommt. Ein Buch voller Poesie, Härte und
Zärtlichkeit. Kraftvoll, mitreißend und direkt.
Helmut Oehring
ist hörendes und sprechendes Kind gehörloser Eltern. Erst mit vier
Jahren kommt er mit der Welt der Hörenden in Kontakt – eine fremde und
meist feindselige Welt. Er ist Ohr und Stimme seiner Eltern, Übersetzer
zweier Welten. Doch dann entdeckt er etwas, das ganz ihm gehören wird:
die Musik. Helmut Oehring erzählt die Geschichte einer kaum zu
glaubenden Selbstbefreiung. Er erzählt, wie er als gelernter
Autobahnbauer beginnt, sich Notenschrift beizubringen und ein
Streichquartett komponiert. Wie er aus einem Nachwende-Tief von
selbstverursachter Obdachlosigkeit und Drogensucht herausfindet. Wie
sein gehörloser Bruder mehrfache Republikflucht begeht, angeschossen
wird, ins Gefängnis kommt und dann später im Westen von einem Auto
überfahren wird. Oder wie die Schulleitung den jungen Oehring ins Heim
schicken will, weil er von der Volkspolizei erwischt wurde, wie er aus
verzweifelter Wut mit dem Luftgewehr vom Balkon auf Autos, Tiere und
Menschen schießt. Die Schulleitung bestellt die Eltern ein. Der Junge
muss übersetzen …
Helmut Oehring ist vom völligen Autodidakten
zu einem der originellsten gegenwärtigen Komponisten geworden. Aber auch
der Sprache entlockt er mitreißende Klangbilder aus Wut, Lust und
Zärtlichkeit; er verführt den Leser mit einer Poesie zwischen
Bordsteinkante, Rock und Oper, mit den fragilen Bewegungsabläufen der
Kampftechnik Mike Tysons und mit den irritierenden Schönheiten des
lautlosen Sprechens.
Helmut Oehring wurde 1961 als Kind gehörloser Eltern in Ost-Berlin
geboren. Nach einer Ausbildung zum Baufacharbeiter ist er u.a. als
Friedhofsgärtner, Forstarbeiter, Altenpfleger und Heizer tätig, bis er
die Musik entdeckt. Oehring zählt heute zu den maßgeblichen
zeitgenössischen Komponisten, sein Oeuvre umfasst über 200 Werke, die
auf der ganzen Welt aufgeführt werden und für die er zahlreiche
Auszeichnungen erhielt, u.a. den Hanns-Eisler-Preis des
Deutschlandsenders Kultur, den Orpheus Kammeroper Preis Italien, den
Schneider-Schott-Preis, den Hindemith-Preis und den
Arnold-Schönberg-Preis. Oehring lebt mit seiner Frau und den gemeinsamen
beiden Kindern in der Märkischen Schweiz.