Die Entlassung. Robert Havemann und die Akademie der Wissenschaften 1965/66.
Eine Dokumentation.
Schriftenreihe des Robert-Havemann-Archivs, ISBN 3-9804920-1-X, 10 €
Robert Havemann, Verfechter einer sozialistischen DDR, hatte sich
seit 1956 vom linientreuen SED-Funktionär zu einem ihrer schärfsten
Kritiker entwickelt. Als er 1963 in einer Vorlesungsreihe mit seinen
Auffassungen an die Öffentlichkeit getreten war, hatte ihn das Politbüro
der SED zum Staatsfeind erklärt.
1965 war er noch Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Leiter der
Arbeitsstelle für Photochemie. Über 150 bisher unveröffentlichte
Dokumente der Akademie und der SED belegen detailliert, wie ihm der
Arbeitsplatz genommen wurde, um ihn endgültig aus der Öffentlichkeit der
DDR zu verbannen.
Vertrauliche Sitzungsprotokolle aus den Leitungsgremien der Akademie
zeigen, wie sich hochdotierte Wissenschaftler am drehbuchartigen
Vorgehen des ZK der SED beteiligten.
Sie gingen in ihren Überlegungen so
weit, Havemann zum "psychiatrischen Fall" zu erklären oder in den
Westen zu drängen.
Um wenigstens den Schein von Demokratie zu wahren, mußte ein
Ausschlußverfahren inszeniert werden.
Trotz Druck auf einzelne
Mitglieder und der Versuche, die Wahlordnung zu ändern, kam aber die
erforderliche Mehrheit für eine Abwahl nicht zustande. Statutenwidrig
wurde Havemann am Ende aus den Mitgliederlisten gestrichen.
Erstmalig werden Briefe Havemanns veröffentlicht, mit denen er
versuchte, das drohende Berufsverbot abzuwenden. Auch Protestschreiben,
die in der DDR nicht bekannt werden durften, dokumentiert der Band.
Umfassende editorische Anmerkungen und Kommentare erleichtern den Zugang
zu den Dokumenten. In den einleitenden Texten von Bernd Florath und
Silvia Müller werden die Vorgänge zum Akademie-Ausschluß einschließlich
ihrer Vorgeschichte geschildert.
Die Dokumente werden mit Erläuterungen der zeitgeschichtlichen und
politischen Zusammenhänge der damaligen DDR kommentiert.
Der "Kleine Behördenführer" informiert über die Struktur der Akademie
der Wissenschaften der DDR und ihre Institutionen sowie über die
Instanzen des SED-Apparates.
Alle in der Dokumentation vorkommenden Personen werden mit
Kurzbiographien in einem Personenregister vorgestellt.
Eine tabellarische Übersicht nennt wichtige Lebensdaten Robert
Havemanns.